Die 8 Automythen rund um das Thema Kfz.

 

Während des Werkstattalltages erlebt man doch manchmal interessante Situationen mit Kundenfahrzeugen, die sich sogar oft wiederholen. Diese wiederkehrenden Situationen entstehen alleine durch mangelnde Information oder falsch verbreitete Vorstellungen, die ein Kraftfahrzeug betreffen.


Daher möchten wir hier einmal 8 verbreitete Mythen rund um das Thema Kfz. richtigstellen.



Mythos 1: Eine bestandene Hauptuntersuchung sichert zwei Jahre sorgenfreie Fahrt.


Es kommt vor dass wenige Wochen nach der Hauptuntersuchung ein Mangel am Kfz auftritt, wie zum Beispiel eine defekte Auspuffanlage. Oft wird dann gesagt „der hat doch erst eine Hauptuntersuchung bekommen.“ Es ist allerdings so, dass eine bestandene Hauptuntersuchung nur eine Aussage über den Zustand zum Zeitpunkt der Prüfung trifft. Es kann also sein, dass der Endschalldämpfer zum Zeitpunkt der Prüfung gerade noch gehalten hat und dann wenige Wochen später endgültig abgefallen ist. In diesem Fall hat eigentlich niemand Schuld außer vielleicht der Endschalldämpfer. Würde der Prüfer Dinge beanstanden, die evtl. in ungewisser Zeit kaputt gehen könnten, dann hätten wir sehr große Mängellisten.



Mythos 2: Die Motorkontrollleuchte steht immer für den selben Fehler.


Die Situation ist meistens wie folgt: Die Motorkontrollleuchte leuchtet auf und es wird der Fehlerspeicher ausgelesen. Es ist der Fehler „Zündaussetzer erkannt“ hinterlegt. Da die Zündkerzen schon einige Kilometer alt sind, werden diese erneuert. Das Auto läuft wieder besser und die Motorleuchte verschwindet.

Einen Monat später leuchtet die Motorkontrollleuchte erneut. Es liegt nah nun zu glauben, dass es wieder Zündaussetzer sind und die Werkstatt den Fehler mit der ersten Reparatur nicht behoben hat. Dazu muss man aber wissen, dass es bis zu 400 Fehlercodes geben kann, die das Motorsteuergerät ablegen kann. Und das Leuchten der Motorkontrollleuchte signalisiert dem Fahrer nur „Achtung, es liegt ein abgasrelevanter Fehler vor“. In unserem Fall hier wird der Fehlerspeicher erneut ausgelesen. Hinterlegt ist der Fehler „Abgasrückführung, Durchsatz zu klein.“ Wir haben also einen Fehler, welcher mit der ersten Reparatur nichts zu tun hat. Es könnte das AGR (Abgasrückführung) Ventil defekt oder verklemmt sein.

Zweimal in kurzen Abständen hintereinander aufleuchtende Kontrollleuchten sind nicht die Regel aber im ungünstigen Fall kann es durchaus vorkommen.



Mythos 3: Kfz. Ersatzteile sind im Internet deutlich günstiger.


Preise vergleichen liegt wohl in der menschlichen Natur. Leider werden dabei oft Äpfel mit Birnen verglichen.

Als moderner Kunde kann man im heutigen Zeitalter vorab schon im Internet prüfen was zum Beispiel Bremsbeläge für das eigene Fahrzeug kosten. Geht man dann in die Werkstatt seines Vertrauens kann der Preis für die Beläge höher sein als der Preis im Internet. Allerdings darf man dabei nicht nur den Preis vergleichen sondern muss auch auf die Qualität achten. Es gibt verschieden Qualitäten, die ihre Aufgabe besser oder schlechter bewältigen. In der Werkstatt seines Vertrauens kann man sicher sein, dass man eine vernünftige Qualität erhält. Im Internet allerdings zählt in erster Linie nur der Preis. Der im Internet vertriebene günstige Bremsbelag hält also evtl. nicht so lange und im schlimmsten Falle hat er keine Zulassung für den deutschen Markt.

Sollte eine gute Qualität im Internet trotzdem einmal günstiger sein als bei der Werkstatt, dann liegt es in der Hand des Kunden, ob er etwas für seine regionale Wirtschaft tun will oder ein großes Versandunternehmen unterstützt. Eines ist allerdings sicher, wenn jeder seine Ersatzteile günstig im Internet kaufen würde, dann gibt es in naher Zukunft keine Werkstätten mehr, welche die Ersatzteile fachgerecht einbauen.



Mythos 4: Klimaanlagen benötigen keine Wartung.


Heutzutage hat fast jeder Neuwagen eine Klimaanlage, sogar Kleinwagen. Dass diese Anlage allerdings regelmäßig gewartet werden müssen, geht leider beim Kauf meistens unter.

Dabei ist es ganz einfach, das Kältemittel diffundiert (ähnlich wie beim Fahrradschlauch) durch die Gummischläuche der Klimaanlage in die Atmosphäre. Das können im Jahr bis zu 10% der Gesamtmenge an Kältemittel sein. Das Kältemittel hat allerdings auch die Aufgabe das im Kreislauf befindliche Öl zu transportieren und damit den Kompressor zu schmieren. Verringert sich die Menge an Kältemittel fällt auch die Schmierung schlechter aus. Die Folge kann ein defekter Kompressor sein und damit eine teure Reparatur. Ist der Kompressor defekt funktioniert die Anlage nicht mehr, im schlimmsten Fall müssen Teile der gesamten Klimaanlage gespült oder sogar erneuert werden. Das Problem sind die entstandenen Späne, welche wieder auf dem System geholt werden müssen. Im besten Falle kommt es aber nicht soweit. Viele Klimaanlage erkennen den Mangel an Kältemittel und verhindern das Einschalten des Kompressors. Aber so oder so, ohne Kältemittel kann die Klimaanlage keine kühle Luft erzeugen.

So wundert es einen doch, dass in den meisten Serviceheften und Wartungsplänen nicht einmal das Wort Klimawartung fällt. Es heißt zwar teilweise „Klimaanlage Funktion prüfen“, aber eine Funktionsprüfung sagt mir nicht wieviel Kältemittel sich noch im System befindet. Das kann ich nämlich nur in Erkenntnis bringen, wenn ich das Kältemittel abgesaugt habe. Und dann habe ich ja schon fast eine Klimawartung durchgeführt. Denn das passiert bei einer Klimawartung, das Kältemittel wird abgesaugt, der Klimaanlage wird Feuchtigkeit entzogen und die richtige Menge an Kältemittel wird wieder aufgefüllt. Der Gesetzgeber sagt übrigens, dass nur Klimaanlagen bedenkenlos wieder befüllt werden dürfen bei denen noch mindestens 50% des Kältemittels enthalten sind. Das heißt, wenn ich meine Anlage eine längere Zeit nicht warten lasse, dann sind schnell mal 50% des Gesamtkältemittel verloren. Dann erfordert es neben der Klimawartung noch eine Dichtheitsprüfung. Denn nur nach einer bestandenen Dichtheitsprüfung darf die Klimaanlage wieder befüllt werden.

Also am besten Klimaanlage regelmäßig einschalten, um Standschäden zu vermeiden, am besten einfach immer laufen lassen. Und dann mindestens alle zwei Jahre eine Klimaanlagenwartung durchführen lassen.



Mythos 5: „Da ist nur eine Sicherung kaputt.“


Es kommt meistens über Nacht und ist für den Kunden deswegen meist unverständlich. Die elektrischen Helferlein funktionieren nicht mehr oder versagen sporadisch ihren Dienst. Das kann eine defekte Zentralverriegelung sein, ein defekter Fensterheber, wild aufleuchtende Hinweise im Instrument oder eine ausgefallene Beleuchtung und vieles mehr. Früher beim Käfer hat man dann gesagt „Ach, da ist eine Sicherung kaputt“ und meistens war es auch so. Das lässt sich aber nicht mehr auf neuere Fahrzeuge übertragen. Neuere Fahrzeuge haben eine viel komplexere Elektronik mit viel mehr Stellen an denen es klemmen kann bzw. der Stromfluss unterbrochen werden kann. Wenn man also denkt „da ist nur eine Sicherung kaputt“, dann ist es selten auch wirklich nur eine Sicherung. Sicher haben neue Fahrzeuge auch Sicherungen, allerdings fliegt als einzige Sicherung meist die Sicherung für den Zigarettenanzünder raus, weil dort zwei oder mehrere beheizte Sitzauflage angeschlossen werden.

Die anderen elektrischen Fehler rühren meist woanders her. Und damit geht die Suche los, denn die Fehlerquellen gehen hier vom Kabelbruch über Wassereinbruch bis hin zum defekten Steuergerät. Die Suche ist meistens aufwendig und jede Werkstatt hat auch Bauchschmerzen die Suche zu berechnen. Denn manchmal ist auch nur ein Kabel oxidiert und im nachhinein sagt man „ach, das war ja nur ein Kabel, und da habt ihr solange gesucht?“ „Ja“ muss man dann leider antworten, „da haben wir so lange gesucht.“ Denn um das Kabel zu finden sind Messungen gemacht worden und Verkleidungen ab und wieder angebaut worden. Das „Da ist nur eine Sicherung kaputt“ kann damit manchmal aufwendig und teuer werden.



Mythos 6: „Im Internet steht da ist dieses Teil kaputt.“


Ach, es könnte so einfach sein. Das eigene Auto zeigt einen Fehler an oder läuft nicht mehr ordnungsgemäß. Schnell grob das Fahrzeugmodell und eine knappe Fehlerbeschreibung im Internet eingeben und schon spuckt es die Lösung aus.

Leider ist das ungefähr so als ob man selber Schmerzen im Arm hat und der Nachbar hat Schmerzen im Knie. Der Nachbar hat ein kaputtes Knie, ach dann hab ich auch ein kaputtes Knie obwohl ja der Arm schmerzt. Klingt blöd, aber im übertragenen Sinne ist es genau so.

Viele Modelle werden über mehrere Jahre gebaut, wenn man dann Modelle mit fünf Jahren Altersunterschied vergleicht, dann kann der Fehler des einen beim anderen gar nicht mehr relevant sein. Noch schlimmer ist es wenn man Fahrzeuge fremder Marken miteinander vergleicht oder versucht Fehler zu übertragen. Das geht einfach nicht.

Wenn das Internet helfen soll, dann muss genau gesucht werden, und zwar nach der selben Motorisierung und dem selben Modelljahr. Aber selbst das ist nicht die allmächtige Lösung. Denn man muss immer noch unterscheiden was möglich wäre oder was wirklich Quatsch ist. Und als richtige Kfz. Mechatroniker müssen wir es hier mal sagen, im Internet steht wirklich viel Quatsch. Leider klingen Lösungen, die vom Laien verfasst worden sind, für Laien immer sehr richtig. Für den Fachmann klingen sie eher wie gefährliches Halbwissen.

Man sollte sich also merken, vorsichtig sein mit vorschnellen Lösungen aus dem Internet. Sie können richtig sein, sind es aber in 70% der Fälle nicht.



Mythos 7: „Vorsicht, die Reifen sind mit Reifengas gefüllt.“


Oft sieht man auf den Straßen Fahrzeuge mit hübschen bunten (meist grünen) Ventilkappen. Das heißt soviel wie „ich bin mit Reifengas gefüllt worden“.

Beim Thema Reifengas kommt oft die Frage auf „darf ich dort normale Luft einfüllen?“ Sicher darf man das. Ob man nun an Reifengas glaubt oder nicht, bleibt jeden selbst überlassen. Fakt ist allerdings, dass sich der Monteur, das Montiergerät und der Reifen in einem absolut luftdichten Raum befinden müssten, wenn man sicherstellen will, dass wirklich nur Reifengas in den Reifen kommt. Denn beim Montieren des Reifens wird immer auch Luft im Reifen gefangen. Es kann also nicht sichergestellt werden, dass sich nur reiner Stickstoff im Reifen befindet.

Reifengas ist nichts anderes als Stickstoff. Wir alle haben in Physik gelernt, dass unsere Luft zu 75% aus Stickstoff besteht. Reifengas geht im Gegensatz zu Luft an die 100% Stickstoff ran. Wenn wir unseren Reifen regelmäßig mit Luft füllen, haben wir also schonmal 75% Stickstoff im Reifen. Setzen wir voraus, dass der Monteur nicht in einer Vakuumkammer arbeitet, dann spielt es keine Rolle ob wir Reifengas oder normale Luft verwenden.

Des Weiteren sind die anderen Bestandteile der Luft kleiner als der Stickstoff, d.h. sie diffundieren schneller durch den Reifen als der Stickstoff. Im Endeffekt haben wir nach längerer Zeit sowieso fast nur noch Stickstoff im Reifen, wenn wir zum Befüllen handelsübliche Luft verwenden.

Der Glaube versetzt manchmal Berge. So ist es vielleicht auch mit dem Glauben an Reifengas...



Mythos 8: „Bei meinem Fahrzeug muss der Leerlauf höher gedreht werden.“


Bei diesem Satz handelt es sich um ein Relikt aus der guten alten Zeit als Motoren noch mit Vergasern bestückt worden. Da gab es temperatur- und verschleißbedingt oft einen Einstellungsbedarf am Vergaser. Schnell wurde an einem Rädchen gedreht und das Auto lief wieder runder.

Seit der Einführung computergesteuerter Einspritzsystem ist das leider kaum noch möglich. Moderne Motoren haben eine Vielzahl an Sensoren, die den Zustand des Motors und der Außenbedingungen ermitteln und an eins oder mehrere Steuergeräte weitergeben. Leider können diese Systeme nur begrenzt auf Verschleiß oder Verschmutzung reagieren. So ist zum Beispiel der berühmte Drosselklappenspalt entscheidend für den Leerlauf eines Fahrzeuges. Dieser Spalt setzt sich mit der Zeit zu und das System erkennt dieses und vergrößert den Spalt. Dieser Vergrößerung sind aber Grenzen gesetzt und die Motorkontrollleuchte wird beim Erreichen der Grenzen eingeschaltet. Die Folge ist neben dem Leuchten der Kontrollleuchte ein unrunder Motorlauf bis hin zu einem Versagen des Motors. Nun könnte man versuchen manuell einfach den Spalt noch etwas größer zu machen. Aber leider haben moderne Motoren gar nicht keine Verstellschrauben mehr. Motoren, mit einem Mittelding aus Vergaser und modernen Einspritzsystemen, haben zwar noch Einstellschrauben, allerdings sind diese meist mit Farbe gegen Verdrehen gesichert.

Die Höhe des Leerlaufes regelt bei modernen Fahrzeugen, wie soll es auch anders sein, ein Steuergerät. Dieses erfasst die Daten der Sensoren und regelt den Leerlauf nach. Und zwar so, dass wir das als Fahrer gar nicht bemerken. Konnte man zum Beispiel bei alten Fahrzeugen ein Absinken der Leerlaufdrehzahl beim Einschalten vieler Verbraucher feststellen, so fällt das bei neuen Fahrzeugen gar nicht mehr auf.

Leider hat das aber auch zur Folge, dass jeder Fehler in dem komplexen System „Motorlauf“ einen unrunden Motorlauf oder ähnliche Symptome verursacht. Statt nun an der Leerlaufschraube zu drehen hilft hier nur das Auslesen des Fehlerspeichers und das Auffinden des Fehlers. So ändern sich die Zeiten.